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China und das Internet – Freiheit trotz Zensur?

Cao ni ma! - Mit dieser Wortneuschöpfung (wörtlich: „Graß-Schlamm-Pferd”), die wie eine derbe Beleidigung ausgesprochen wird, zeigen viele User, was sie von Zensoren halten. © bt4wang, Wikimedia Commons

China hat mehr als eine halbe Milliarde Internetnutzer. Das ist mehr als in jedem anderen Land der Welt. Doch die Behörden greifen stark in die Freiheit des Webs ein. Viele Internetseiten sind gar nicht aufrufbar. Kritik an der Regierung wird oft gelöscht. Wie stehen die User zu den Einschränkungen im Netz?

 

Viele international beliebte Internetportale, Kommunikationsplattformen und soziale Netzwerke wie Youtube, Twitter und Facebook können in der Volksrepublik nicht genutzt werden. Zwar gibt es chinesische Pendants, diese werden aber ihrerseits überwacht. So kommt es etwa im Mikroblogging-Portal Sina Weibo immer wieder zur Zensur.

 

Über Sinn und Unsinn der Zensur

 

In Anlehnung an die große chinesische Mauer werden die Maßnahmen zur Abwehr unerwünschter Online-Inhalte häufig als „Great Firewall of China” bezeichnet. Blogger „Operndiva” macht seinem Unmut über die undurchsichtigen Zensurkriterien Luft.

 

Unter der Zensur der großen chinesischen Firewall kommt es häufig dazu, dass zahlreiche hervorragende Webseiten nicht aufgerufen werden können. (…) Auch in anderen Ländern der Welt wird das Internet zensiert. Dies richtet sich aber hauptsächlich gegen Copyright-Kontroversen, Pornographie, Gewalt, Rassismus und Terrorismus. (…) Hierzulande gibt es jedoch ein absurdes, irrationales Zensursystem mit einer unbegrenzten Liste sensibler Wörter. (…) Mittlerweile gibt es zwar immer mehr Technologien, um die Mauer der Zensur zu durchbrechen. Das Traurige ist aber, dass gewisse Leute immer noch fest davon überzeugt sind, dass die Firewall, ähnlich wie die chinesische Mauer, noch Jahrhunderte standhalten wird.在中国防火长城的审查下,很多优秀的网站都只有一个无法访问的下场(...)世界上其他的国家也存在网络审查,但那主要是针对一些有版权争议、色情暴力、种族歧视和恐怖主义先关的内容(...)而在我们这个国家,荒谬无理的审查制度加上永无上线的敏感词库(...)现在已经有很多技术能够穿墙而过,可悲的是某些人依然坚信这堵墙可以像长城一样千年不到。

 

Tatsächlich umgehen viele Chinesen die Beschränkungen, etwa mit Hilfe von VPN-Clients oder Proxy-Servern, die Datenströme über Netzwerke im Ausland umleiten. Aber auch die Blockademechanismen entwickeln sich ständig weiter. Trotzdem ist für Su Jining weiterhin klar, dass die Netizens das Katz-und-Maus-Spiel mit den Zensoren meist gewinnen.

 

Gewöhnlich hat eine regionale Internetkontrollbehörde kaum 100 Mitarbeiter. Sie ist gar nicht in der Lage, große Usergruppen umfassend zu überwachen. Das führt dazu, dass eine Person für fast tausend Menschen zuständig ist. So ist es schwer zu vermeiden, dass User (sensible) Seiten, die noch nicht gesperrt sind, aufrufen können (…).一般一个地方当局网监的只有上百人,无法对大量的上网人群的监察做到全面审查,会出现一个人管上千人的情况,这样难免会有网友成功浏览还没被屏蔽的网站(...)。

 

Angst vor der eigenen Bevölkerung oder Maßnahme zu ihrem Schutz?

 

Als Grund für die Online-Zensur sehen viele Netizens die fehlende Bereitschaft der Behörden, sich vor dem Volk zu verantworten. Hu Haigong fühlt sich dadurch wichtiger Rechte beraubt.

 

(…) Ich habe die Pflicht, Beamten Empfehlungen zu geben, sie zu kritisieren und zu fleißigem und ehrlichem Regieren anzuhalten. Mich zu äußern ist meine Pflicht, mein Recht und meine Freiheit. (…) Aber weil die Beamten fürchten, ihre Macht zu verlieren, halten sie mich für einen schlechten Menschen. (…) Die Aufhebung der Internetkontrollen würde dafür sorgen, dass sich jeder online frei ausdrücken könnte. Die ganze Bevölkerung könnte die Beamten aus jeder Perspektive beaufsichtigen (…).(...)我有责任建议、批评、督促官员勤政廉政。发言,是我的责任,是我的权力,是我的自由。(...)官员却因为恐惧失去权力将我当成坏人。(...)取消网络控制,让大家都能够在网上畅所欲言,全民全方位检视官员(...)。

 

Deutlich seltener lassen sich Plädoyers für die Zensur finden. Netizen „Wilde Rufe“ etwa denkt, die Diskussionskultur im Internet komme noch nicht ohne Regulierung aus.

 

Ich persönlich bin für Internetzensur. (…) Der Hauptgrund, warum Menschen dagegen sind, ist Meinungsfreiheit. (…) Im Moment sind die Meinungsäußerungen im Internet noch nicht ausgereift. Man kritisiert, verhöhnt und zerstört die bisherige Ordnung, sodass es mühsam ist, eine neue zu errichten. (…) Einhergehend mit einer Erhöhung des Niveaus sollten wir schrittweise nach mehr Freiheit im Internet streben.我个人支持网络审查。(...)人们反对网络审查的主要理由是言论自由。(...)目前的网络言论有待成熟,他们批判、讽刺,破坏原有的秩序,又很难建立一个新的秩序(...)随着网络水平的提高,相应的逐步争取网络自由。

 

Für „litlepipy“ sind Einschränkungen der Freiheit im Netz unerlässlich, um vor allem Kinder zu schützen.

 

Durch das Internet gerät man viel einfacher mit Sex in Berührung als früher. In freiheitlichen Ländern ist es nicht illegal, nach „Sex“ zu suchen. Man sieht nichts Schlimmes darin. Aber wenn man ungefestigte Jugendliche verstört, werden sie nur allzu leicht von dem bunten und bizarren Lockmittel „Sex“ in seinen Bann gezogen. (…) Ohne Limits, ohne Kontrolle, zu was für Menschen wachsen die Kinder dann auf?有了互联网,任何人都可以比以往任何时候更加轻而易举地接触到性。自由国家,搜“性”不犯法,本无可厚非。但是,骚动不安的青少年,非常容易就会被“性”的光怪陆离蛊惑得忘乎所以。(...)没有限制,没有控制,长大的孩子会变成什么样的人呢?

 

Sogar die Diskussion um Für und Wider der Internetzensur ist selbst nicht frei von Zensur. Bei der Suche nach Blogeinträgen zum Thema erscheint zum Beispiel auf dem Portal „Blog Sina“ die Meldung:

 

Die Suchergebnisse verstoßen möglicherweise gegen entsprechende Gesetze, Vorgaben oder politische Richtlinien und werden nicht angezeigt.搜索结果可能不符合相关法律法规和政策,未予显示。

 

 

Zum Weiterlesen

 

Gesa Stupperich: „Registrierungs-ID abgelaufen – Webauftritt von Fachzeitschrift Yanhuang Chunqiu geblockt”, Stimmen aus China, 25. Februar 2013.

 

Adrian Krawczyk: „‚China ist das Königreich der Lügen‘ – Li Chengpengs gewagte Rede an der Peking Universität”, Stimmen aus China, 27. Januar 2013.

 

Maximilian Kalkhof: „Suche Freiheit, biete Selbstzensur! – Han Han fordert Kunst- und Meinungsfreiheit und stellt sich Plagiatsvorwürfen”, Stimmen aus China, 8. April 2012.

 

Kategorien: Gesellschaft, Kultur, Tags: , , . Permalink.

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