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BRICS-Gipfel in Russland: Chinas Traum von einer neuen Weltordnung

Putin, Modi, Rousseff, Xi und Zuma demonstrieren Geschlossenheit © Roberto Stuckert Filho via Wikipedia

Zum siebten Mal trafen sich die Staatschefs der BRICS-Länder im Juli 2015. Eines wurde dabei deutlich: Sie wollen die Weltordnung verändern. Glauben Chinas Netizens an diese ehrgeizigen Pläne?

 

BRICS steht für die Vereinigung von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Es klingt aber auch wie das englische Wort bricks (Ziegelsteine), weshalb man das Akronym in China kurzerhand als „Goldbarrenländer金砖国家“ übersetzte. Die Übersetzung zeigt, wie selbstbewusst und zuversichtlich China die junge Gemeinschaft von Schwellenländern betrachtet. Bereits jetzt leben 43 Prozent der Weltbevölkerung in diesen fünf Ländern, die 30 Prozent des Bruttoweltproduktes erwirtschaften.

 

Damit das so weitergeht schmieden ihre Regierungen große Pläne. Seit 2009 kommen die Chefpolitiker der BRICS-Länder einmal im Jahr zusammen. Diesmal folgten sie Putins Einladung und kamen ins russische Ufa.

 

Ehrgeizige Pläne

 

Die BRICS-Staaten planen vor allem eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit: 200 Milliarden US-Dollar für eine gemeinsame Entwicklungsbank mit Sitz in Shanghai haben sie bereitgestellt. Vielleicht mit Anspielung auf die Griechenlandkrise soll die Bank vor allem „als zusätzliches Sicherheitsnetz für den gesamten internationalen Finanzmarkt为整个国际金融市场…增添新的…安全网“ fungieren, ein Gegengewicht zum Internationalen Währungsfonds bilden sowie Entwicklungshilfe verteilen.

 

Doch noch viel mehr scheint im Gespräch zu sein. In seiner Rede in Ufa macht Staatspräsident Xi Jinping deutlich, dass er Großes plant:

 

Die Welt ist nicht friedlich: Unaufhörlich kommt es zu lokalen Unruhen, Terrorismus, Drogenmissbrauch, Epidemien und Naturkatastrophen. Die BRICS-Länder müssen ein gemeinsames, nachhaltiges Sicherheitskonzept vorantreiben, Vorhaben koordinieren und sich gegenseitig unterstützen, um diesen globalen Problemen Hand in Hand entgegenzutreten.(...) 当前…世界仍然很不太平,局部动荡此起彼伏,恐怖主义、毒品威胁、重大疫情、自然灾害…层出不穷。金砖国家应该倡导共同、… 可持续的安全观,协调行动,相互支援,携手应对这些全球性问题。(...)

 

Die Nachbarländer China und Russland ziehen aus der engen Zusammenarbeit noch mehr Vorteile. Sie verfolgen gemeinsame geopolitische Interessen. Die Riesenreiche setzen auf einen Ausbau der Beziehungen zu ihren kleineren Nachbarn.

 

Alte Feinde, neue Freunde

 

Selfie beim Staatsbesuch: Modi und Li vor dem Himmelstempel in Peking im Mai 2015 © Weibo-Screenshot 15.07.2015.

Selfie beim Staatsbesuch: Modi und Li vor dem Himmelstempel in Peking im Mai 2015 © Weibo-Screenshot 15.07.2015.

Chinas Beziehungen sind in geopolitischer Hinsicht allerdings nicht zu allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen gut. Indien und die Volksrepublik streiten sich seit 1959 um die Grenzregion „Südtibet“ (Arunachal Pradesh).

 

Von Unstimmigkeiten zwischen China und Indien ist offiziell aber schon länger nicht mehr die Rede. Ganz im Gegenteil: Der indische Staatschef Narendra Modi verbreitet über seinen Account bei Chinas größtem sozialen Netzwerk Nachrichten, die die enge Freundschaft der beiden Länder demonstrieren sollen. Als Bildbeweis gilt das wohl meistgeteilte Selfie der Welt. Auf diesem sind Modi und Regierungschef Li Keqiang in Peking zu sehen. Auch über das BRICS-Treffen informiert der indische Premier seine chinesischen Follower.

 

Im russischen Ufa habe ich Präsident Xi Jinping wiedergetroffen. Bei unserem Treffen hatten wir eine Reihe von umfassenden Fragen bilateraler und internationaler Natur zu besprechen. Ich bin zuversichtlich, dass BRICS erfolgreiche Ergebnisse erzielen wird, von denen die ganze Welt profitiert. 与习近平主席再次在俄罗斯乌法会见(...)我们的会面非常全面讨论了一系列双边关系和国际问题(…) 相信金砖国...取得富有成效的成果,而整个世界都会受益。

 

Netizens diskutieren über BRICS

 

Natürlich schreibt nicht allein Modi über Xi Jinpings Russlandreise. Chinas Staatsmedien berichteten, wie hart der Präsident arbeitete und welche Erfolge er erzielte. Nicht immer schließen Chinas Netizens sich der unkritischen Sicht der Staatsmedien an.

 

Einige Netzbürger drücken deutliche Bewunderung für ihren Staatschef Xi Jinping aus. Zeitungsleser „ein herrlicher Anblick“ schreibt:

 

Welch’ Weisheit unseres Vorsitzenden Xi! 习主席的智慧!

 

Und es gibt noch mehr Grund zum Loben. Weibo-Mitglied „Chinesisches i“ glaubt, dass das Engagement der Volksrepublik bei BRICS China Vorteile verschafften wird.

 

China hat das Selbstvertrauen und die Fähigkeiten, natürlich wird es viel erreichen. 中国有信心有能力就一定能办好大事。

 

Weibo-Nutzerin „Musikstadt Sturm“ ist ebenfalls begeistert.

 

China hat mit den anderen BRICS-Staaten eine tolle Partnerschaft. Man profitiert voneinander und macht gemeinsam Fortschritte! 中国与其他金砖国家具有良好伙伴关系,大家互惠互利,共同谋发展!

 

Netzbürger „Yue Leng“ findet, dass nicht nur Mitgliedstaaten von BRICS profitieren. Die Partnerschaft sollte weltweiten Einfluss haben.

 

Es wird nötig sein, dass BRICS expandiert und sich zu einer internationale Organisation entwickelt, die mit den Vereinten Nationen Schritt halten kann. Die nächste Aufgabe für BRICS wird es sein, die koloniale Monopolwirtschaft des Westens zum Einsturz zu bringen und eine wahrhaftig demokratische globale Allianz aufzubauen. 未来金砖组织必然要扩容,甚至发展成与联合国并驾齐驱的国际组织。金砖国家联盟目前任务是瓦解西方殖民垄断体系,建立真正意义的全球性民主联盟

 

Vereinzelt schlägt BRICS aber Skepsis entgegen. Ein Weibo-User hält das Vorhaben der BRICS-Staaten für unrealistisch: „Träumer做梦“ kommentiert er.

 

Die Mehrheit sieht vor allem die Vorteile dieser Partnerschaft für China. Dass der Grenzstreit mit Indien, die unterschiedlich gut entwickelten Volkswirtschaften der BRICS-Staaten und die Entfernung zwischen den Ländern große Herausforderungen darstellen, davon ist weder bei den Netizens, noch in den Medien geschweige denn in der Politik die Rede.

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

Hermann Krause: „Gipfel der BRICS-Staaten: Putins neue Freunde“, tagesschau.de, 08.07.2015.

 

Lisa Krauss: „Weibo der Woche #2: Indischer Premier Modi tritt dem Mikroblogging-Dienst Weibo bei“, Stimmen aus China, 08.05.2015.

 

 

„China matters: Ein Informationsportal für die Zivilgesellschaft“, mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen

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