„Ich finde keinen Partner!“ – Chinas Junggesellen werden immer mehr

„Ich finde keinen Partner!“ – Chinas Junggesellen werden immer mehr

Immer mehr Frauen und Männer haben Probleme, einen passenden Partner zu finden. © Lu Yu, Wikimedia Commons

Die Zahl der Junggesellinnen und Junggesellen in China nimmt zu. Schon heute beträgt die Anzahl der unverheirateten Männer zwischen 30 und 39 Jahren knapp zwölf Millionen. Bei den Frauen sind es ca. sechs Millionen. Seit 2013 kommen jährlich 1,2 Millionen Junggesellen hinzu, Tendenz steigend.

 

Bei den so genannten shengnan剩男, meist als „Junggeselle“ übersetzt*, handelt es sich um unverheiratete Männer Mitte dreißig. Zu den alleinstehenden Männern gesellen sich immer mehr so genannte shengnü剩女, unverheiratete Frauen, Mitte zwanzig. Die wachsende Anzahl der shengnan und shengnü ist ein Phänomen der modernen chinesischen Gesellschaft, dessen Wurzeln vor allem in der staatlichen Geburtenpolitik und dem steigenden Lebensstandard liegen.

 

Zu viele Männer – Eine Folge der Geburtenpolitik?

 

Ein Netizen äußert sich kritisch zur Geburtenpolitik.

 

Der wichtigste Grund, dass Männer Probleme haben, eine Frau zu finden, ist die Geburtenpolitik. Sie führt dazu, dass es mehr Männer als Frauen gibt (…) und, dass sich die Bevölkerungsanzahl verringert (…). Der hohe Anteil an Männern gegenüber Frauen, führt zu großen Problemen bei der Partnersuche. Geld, eine eigene Wohnung und andere Dinge werden zur Voraussetzung und vergrößern den wirtschaftlichen Druck für Männer erheblich.男人找老婆困难的主要原因是计划生育引起男多女少(…)和总人口减少,(…)。男多女少引起男性择偶困难,金钱、房子等成为条件,这极大地增加了男方的经济压力。

 

Blogger „Lin Bao“, der für das Institut für Bevölkerung und Arbeitsökonomie der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften arbeitet, erklärt die Präferenz männlicher Babies.

 

Die Bevorzugung des männlichen Geschlechts in der chinesischen Gesellschaft spiegelt sowohl eine allgemeine Präferenz des männlichen Geschlechts wider, hat aber auch eine pragmatische Basis. Das chinesische Sozialsystem ist, besonders auf dem Land, noch nicht vollständig ausgebaut. Die Familie ist für viele Menschen die einzige Altersvorsorge. Die Ressourcen von Männern, für die Familie zu sorgen, werden als selbstverständlich vorausgesetzt.既有中国社会中传统观念的男孩偏好,也有现实基础。在社保体系还不健全的情况下,特别是在广大农村,家庭是养老的唯一依靠,男孩是养老资源的当然预期所在。

 

Darum wird nicht mehr geheiratet

 

In einer Frage auf Baidu, wie viele shengnan es gebe, geht User „Dummer Schweinskopf“ auf Ursachenforschung。

 

Die Frauen heutzutage sind unglaublich pragmatisch. Sie legen eine Wohnung und ein Auto als Standard bei der Partnersuche fest. (…) Dadurch verschiebt sich das Heiratsalter in den entwickelten Gebieten immer weiter nach hinten auf ca. 30 Jahre (…). Die Menschen, die in China momentan im heiratsfähigen Alter sind, sind zum Großteil Einzelkinder. Sie wurden von ihren Eltern übertrieben verwöhnt. Das bewirkt, dass sie sich weigern, die Pflichten eines eigenen Haushaltes zu übernehmen. (…)(…)女人现在特别现实,把房子车子作为主要的择偶标准,(…)由于房子车子的问题,现在发达地区的结婚年龄比较晚,差不多都30多才结婚,(...)....也就导致了所谓的剩男。现在中国适合结婚年龄的一代大多数都是独生子女一代,被父母过度的娇惯,使得他们不愿意自己承受家庭的重任 (…)。

 

Shengnü – Ein Spiegel des Aufstiegs

 

Die höhere Anzahl an männlichen Babies, die geboren werden und die laut Internetusern sehr pragmatische Sicht einiger Frauen zum Thema Hochzeit erklärt zwar, dass es mehr Junggesellen als Junggesellinnen gibt, aber nicht, warum mitterlweile auch zahlreiche Frauen alleinstehend sind.

 

Die meisten shengnü stammen aus Chinas gebildeter Mittelschicht. Hoher Universitätsabschluss, hohes Einkommen, hohes Alter (ca. 30 Jahre). Shengnan wiederum stammen häufig aus sozial schwachen Bevölkerungsschichten. 49 Prozent haben weder Haus noch Auto, eine niedrige Bildung, sowie ein geringes Einkommen. Dadurch bleiben viele gebildete Frauen und ungebildete Männer ohne Partner. Das bestätigt auch eine Infografik der China Newsweek.

 

Männer heiraten nach diesem Schema eine Karrierestufe tiefer als Frauen. Somit bleiben zahlreiche, gut ausgebildete Frauen und schlecht ausgebildete Männer häufig allein. © China Newsweek

Eine Erklärung dieses Phänomens bietet der Experte zum Thema Heirat Zhang Jiarui auf Sina:

 

Oftmals lieben es Frauen, zu jemandem „aufzuschauen”. Sie suchen einen Mann, der noch exzellenter ist, als sie selbst. Auch Männer lieben es, von ihren Frauen „verehrt” zu werden. Wenn man es nach Bildungsgrad, Gehalt und anderen Kriterien einteilt, dann bilden sich für Männer und Frauen vier Klassen, die wir A, B, C und D nennen. Die A Männer suchen sich häufig B Frauen als Partnerin, B Männer nehmen sich C Frauen. Dieser Analogie zufolge gehören die A Frauen und die D Männer häufig zur am ehesten zurückgelassenen Gruppe.女性通常喜欢“仰视”,愿意找比自己优秀的男士,而男士也更愿选择“仰慕”自己的女性。如果按文化程度、收入等将男女各分为A、B、C、D四个档次,A男往往选择B女,B男则选择C女,依此类推,最后A女和D男往往成为最容易“剩”下的人群。

 

Die Ehe ist das Grab der Liebe

 

Auch die Einstellung zur Heirat hat sich laut Blogger „Schicksalsfügung ist unsagbar schön“ verändert.

 

Sie haben Angst, ihre Freiheit zu verlieren. Das Gefühl, sich zu verlieben ist verhältnismäßig entspannt und sorglos. Das Gefühl von Freiheit ist stark. Eine Heirat ist belastend. Aus zwei Menschen wird ein Haushalt. (…) Sie fürchten, dass die Liebe sich verändert, zu einer Qual wird. Der Satz: „Die Ehe ist das Grab der Liebe“ schreckt viele Menschen ab. (…)怕失去自由,恋爱的感觉相对轻松、舒畅,自由感较强,结婚太麻烦了,两个人成了一家人,(…) 怕爱情改变,受到伤害,婚姻是爱情的坟墓,这句话吓住了不少人(…)

 

 

 

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* Shengnü bzw. shengnan bedeutet wörtlich übersetzt „übergebliebene/r Frau/Mann”

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

Joschka Heinz: „Einmal Freund zum Mitnehmen – Chinas Dating-Markt boomt zum Neujahrsfest“, Stimmen aus China, 09.04.2013

 

Single-Frauen in China unter hohem Druck bei Suche nach Ehemann“, 14.08.2013.

 

‘Leftover’ Men in Nanjing Triple shengnü”, Global Times, 20.06.2013.

 

 

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