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Land Grabbing: China als neuer Kolonialherr in Afrika?

Alles nur ein Gerücht? Die Zeitung Shanghai Daily zweifelt an Chinas Land Grabbing © Screenshot 29.04.2015.

Seit der Nahrungsmittelkrise 2007 geistert immer wieder ein Begriff durch die Presse: Land Grabbing. Auch China soll sich in großem Umfang an der Ausbeutung ärmerer Länder beteiligen.

 

Noch vor hundert Jahren kontrollierten ausländische Mächte Teile des chinesischen Reiches. Nun werfen deutsche Zeitungen China vor, sich selbst wie Kolonialherren zu gebärden und sich am Land Grabbing zu beteiligen. Das Reich der Mitte soll Ländereien in ärmeren Staaten erwerben, um die eigene Versorgung mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln sicherzustellen. Oft mithilfe von Auslandsinvestitionen wie China sie in Afrika einsetzt: Die Volksrepublik baut dort Straßen und Zugtrassen. Im Gegenzug plündere sie die Rohstoffvorkommen des jeweiligen Landes.

 

Betreibt China Land Grabbing?

 

Oft wird Land Grabbing wegen seiner Intransparenz kritisiert. Und tatsächlich im Fall von China ist  die Lage unübersichtlich. Die meisten Pachtverträge und andere Abkommen sind geheim, so dass niemand genau weiß, wer wo wieviel Land in Anspruch nimmt.

 

Presseberichten zu Folge soll sich die Volksrepublik beispielsweise in Farmen in Mosambik eingekauft haben und dort chinesische Bauern ansiedeln. Wissenschaftliche Studien vor Ort widerlegen dies allerdings.

 

Sicher ist, dass die Regierung Auslandsinvestitionen in allen Wirtschaftssektoren gutheißt. Seit 1999 gibt es die Go-Out-Policy走出去战略. Mit dieser versucht Peking, Unternehmen dazu zu motivieren, ins Ausland zu gehen. So sollen chinesische Unternehmen höhere Gewinne erzielen und chinesische Markennamen im Ausland bekannter werden. Auch in Afrika, wo sich seit der Nahrungsmittelkrise 2007 das Import- Exportgeschäft mit China stetig vergrößert hat. In einem Bericht des Handelsministeriums von 2013heißt es zum Handel mit landwirtschaftlichen Produkten:

 

Der Handel mit Landwirtschaftsprodukten zwischen China und Afrika entwickelt sich rasant.  Im Zeitraum von 2009-2012 (stieg das Handelsvolumen). China exportiert 57,6 Prozent mehr Produkte nach Afrika. China importierte aus Afrika 1,46-mal so viele Produkte. Dabei handelt es sich hauptsächlich um nicht essbare Produkte wie Baumwolle und Ölsamen.  中非农产品贸易发展迅速。2009—2012年,中国对非洲农产品出口…,增长了57.6%;中国自非洲农产品进口…,增长了1.46倍,进口农产品中大部分是非食品类商品,包括棉麻丝、油籽…

 

Trotz wachsender Zahlen ist in China selbst keine Rede von Land Grabbing. In seinem Bericht spricht das Handelsministerium von chinesisch-afrikanischer Wirtschaftskooperation:

 

Chinas Regierung hält es für wichtig, auf eine vorteilhafte Kooperation für Afrika und China im Landwirtschaftssektor zu achten und den afrikanischen Ländern dabei zu helfen, ihre reichen Rohstoffvorkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung zu nutzen und ein nachhaltiges Wachstum in der Landwirtschaft zu verwirklichen. 中国政府重视同非洲国家在农业领域的互利合作,帮助非洲国家把资源优势转化为发展优势,实现农业可持续发展。

 

Kritik an Chinas Auslandsinvestitionen

 

Netizen „Wirtschaftliche Entwicklung_5736“ scheint seiner Regierung zu trauen wenn sie sagt, sie lege auf die Interessen beider Seiten wert:

 

Unablässig werden chinesische Unternehmen und Investoren dämonisiert. China investiert in Afrika, um die Wirtschaft dort zu entwickeln. Aber: Afrika gehört den Afrikanern. Bei all seinen Investmentplänen sollte China unbedingt die grundlegenden Interessen der afrikanischen Länder beachten.不断地丑化中国企业和中国的投资者,…,中国投资非洲的目的是为了建设非洲大市场。但是,非洲是非洲人的非洲。中国在非洲的一切投资规划,必须充分考虑到非洲国家的切身利益,…。

 

Am Land Grabbing wird viel Kritik geübt. Gerade Kleinbauern verlieren dadurch ihre Lebensgrundlage. Hinzu kommt, dass sich durch die geheimen Verträge korrupte Machthaber bereichern könnten. In Chinas Fall, so befürchtet Netizen „Beharrlicher Aktienkrieger“ könnte es noch zu anderen Problemen führen:

 

China eröffnet Minen in Afrika. Wenn es dabei keine gute Arbeit leistet, dann birgt das für die Zukunft ein großes Umweltrisiko. Man muss sich nur einmal ansehen, welche Probleme Minen im eigenen Land bereitet haben: Krebsdörfer ⃰, Dörfer mit behinderten Kindern und unfruchtbare Flächen. All diese Probleme werden in China nicht zur Genüge beachtet und nun schadet man den Menschen in Afrika.中国去非洲开矿如果不搞好环保将是未来的风险,看看中国内陆开矿造成的环保问题,癌症村,畸形儿童村,土地无法耕种,这些问题在中国都不好好重视,到非洲又去祸害别人

 

Warum China vom Land Grabbing profitieren könnte

 

Die Umweltschäden, die dieser Netizen für die Zielländer der chinesischen Investitionen befürchtet, sind in China bereits eingetreten. Überschwemmungen und Dürren einerseits und Urbanisierung und Überdüngung andererseits führen in China zum Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Darin sehen Chinawissenschaftler die Gründe für das mögliche Auslagern der Landwirtschaft in afrikanische Länder.

 

Aber auch politisch kann die Regierung Nutzen aus der Go-Out-Policy ziehen. Großprojekte im eigenen Land durchzusetzen hat in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten geführt. Viele der  Unruhen in China gehen auf Enteignungen zurück.

 

Netizens berichten häufig über nicht gezahlte Entschädigungen und Gewalt gegen Bewohner, die ihr zu Hause aus Protest nicht räumen wollen.

 

Chinas Regierung profitiert deshalb vom Engagement im Ausland: Sie unterdrückt Proteste im eigenen Land. Andererseits verteidigen patriotische Netizens ihre Regierung gegen Vorwürfe von außen, China nutze Afrika aus wie einst die europäischen Kolonialherren.Wie Weibo-User „yuzui gongzi“ suchen sie bei Schwierigkeit die Schuld bei anderen:

 

Hilf einem armen Freund und man dankt es dir. Mach einen Freund reich und man serviert dich ab.帮了穷朋友,人家会感激,富了穷朋友,人家会甩你!

 

 

___

 

 

⃰ Der Journalist Deng Fei fand 2009 heraus, dass einige Dörfer in China aufgrund von Umweltverschmutzung eine stark erhöhte Krebsrate haben. Weitere Informationen gibt es hier.

 

Zum Weiterlesen

 

Johannes Dietrich: „Rekord-Investition: China investiert Milliarden in Afrika und schafft so neue Probleme“, Berliner Zeitung, 04.01.2015.

 

Lisa Krauss: „Enteignung für eine Touristenattraktion – Ein chinesisches Dorf protestiert“, Stimmen aus China, 17.11.2013.

 

Fabian Hamacher: „China und Afrika – Der afrikanische Markt und seine Herausforderungen“, Stimmen aus China, 12.10.2012.

 

„China matters: Ein Informationsportal für die Zivilgesellschaft“, mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen

„China matters: Ein Informationsportal für die Zivilgesellschaft“, mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen

 

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