Mitte Mai bestätigte das taiwanische Parlament eine Gesetzesänderung, durch die die Heirat von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt wird. Der Weg dorthin war nicht einfach – und auch jetzt gibt es in der Gesellschaft des asiatischen Landes noch Vorbehalte.
Am Donnerstag, den 16.05.2017 hat Taiwan als erstes asiatisches Land die Ehe für alle eingeführt. Dies war die Folge einer Entscheidung vor fast zwei Jahren, in der das oberste Verfassungsgericht des Landes die vorherige Gesetzessituation, in der es gleichgeschlechtlichen Paaren verboten war zu heiraten, für verfassungswidrig erklärt hatte. In den sozialen Netzwerken feierten viele Taiwanesen die Gesetzesänderung unter Hashtags wie #lovewon oder #同婚专法#Sondergesetz zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Kommentatoren aus aller Welt gratulierten Taiwan. Viele Aktivisten in dem Inselstaat hatten seit der Entscheidung des Gerichtes weiterhin für die Umsetzung des Urteils gekämpft.
Ein Gerichtsbeschluss und ein Referendum
Die Änderung der entsprechenden Paragrafen war allerdings im Vorfeld auch auf Widerstand gestoßen. In einem Referendum hatten sich noch im November sieben von zehn Millionen Wahlberechtigten, die an der Wahl teilgenommen hatten, gegen eine Änderung des entsprechenden Eheparagrafen im taiwanischen Zivilgesetzbuch zur Gleichstellung der Homo-Ehe ausgesprochen.
So wurde von manchem kritisiert, dass die Regierung den Wunsch des Volkes nicht ernst nehme, indem sie die gleichgeschlechtliche Ehe dennoch rechtlich anerkenne. Der Beitrag eines chinesischen Anwalts auf Twitter* bringt diese meist von älteren Menschen vertretene Meinung auf den Punkt:
Die Mehrheit der jungen Generation, die das Gesetz unterstützt, zeigt sich wiederum empört angesichts derer, die ihrer Meinung nach zu so wenig Toleranz in der Lage sind. Für Netizen Tuzzi sind entsprechende Kommentatoren „hoffnungslos Rückständige“:
Es stehen sich also anscheinend zwei unvereinbare Positionen gegenüber.
Regeln sind Regeln, Gesetz ist Gesetz
In dem Referendum war zum einen gefragt worden, ob die im Zivilrecht geregelte Ehe sich auf Mann und Frau beschränken solle und ob die gleichgeschlechtliche Ehe durch andere als die im Zivilrecht bereits vorhandenen Paragraphen geschützt werden sollte. Konservative interpretierten dies als Entscheidung, ob die Homo-Ehe überhaupt gesetzlich erlaubt werden müsste.
Die taiwanische Politikerin und Aktivistin Miao Poya reagierte auf die Situation mit einem Text, den sie auf ihrer Facebookseite teilte und in dem sie die rechtlichen Grundlagen für die Gesetzesänderung analysiert:
500 Paare am ersten Tag
Bereits am ersten Tag nach Inkrafttreten der neuen Regelung heirateten in Taiwan hunderte gleichgeschlechtliche Paare. Dies führte zu „besorgten“ Kommentaren von Nutzern wie Kathy Wu, die auf Twitter äußerte:
Die Vorbehalte, die es in der taiwanischen Gesellschaft gibt, unterscheiden sich also nicht so stark von denen, die auch von Konservativen in westlichen Ländern vorgebracht werden. Diejenigen, die sich für die Gleichberechtigung einsetzen, haben in Taiwan einen wichtigen Sieg errungen. Es wird allerdings weiterhin ein langer Prozess sein, bis das, was nun offizielle Politik ist, auch in allen Köpfen angekommen ist.
Zum Weiterlesen:
Austin Ramzy: Taiwan Legislature Approves Asia’s First Same-Sex Marriage Law, New York Times, 17.05.2019.
Zoe Leung: Imperfect Democracy: The Way for Marriage Equality in Taiwan, The Diplomat, 06.04.2018.
Ella Chen: Interview: Miao Poya, New Bloom Mag, 04.12.2015.
Sophie Lewis: Hundreds of couples in Taiwan tie the knot, marking the first same-sex marriages in Asia, CBS News, 24.05.2019.
* Der zitierte Twitteraccount des Anwalts ist zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels zumindest vorübergehend gesperrt worden.