
Ein aufgemalter Slogan als Ausdruck des Protests gegen die Selektierung pro-demokratischer bzw. pro-unabhängiger Kandidaten (“Gegen eine Vorauswahl”), (c) Ping Fang via Flickr
Die chinesische Regierung versprach Hongkong 1997 weitreichende Autonomie bei der Aufnahme ins Reich der Mitte. Vielen Bürger der Großstadt geht die Autonomie jedoch nicht weit genug. Bei den Wahlen zur Hongkonger Legislativversammlung (Legco) am 4. September 2016 gibt es sowohl Befürchtungen als auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Infolge der Regenschirm-Revolution im Jahr 2014 ist der Autonomiegrad Hongkongs zum zentralen Wahlkampfthema der anstehenden Legislativwahlen in Hong Kong geworden. Dem politischen Establishment, welches Peking zugewandt ist, steht ein Lager junger Hongkonger entgegen, die sich für ein autonomes bis unabhängiges Hongkong stark machen.
Darunter ist auch Joshua Wong, der Anführer der Occupy Central Bewegung, welcher nach einer vermeintlichen politischen Intervention zuerst nicht zu den Wahlen zugelassen wurde.
Unabhängige Vorauswahl der Kandidaten?
Der Blogger „Der fröhliche Chris001“ merkte diesbezüglich an:
Angesichts der Revision dieses Urteils durch ein Hongkonger Gericht brachte Netznutzer Alex Smith im Internet seine große Freude zum Ausdruck:
Lokale gegen nationale Interessen
Nicht alle sind jedoch mit dieser Entscheidung glücklich. Viele kritisieren den Unabhängigkeitskurs der Hongkonger. Die Tianjiner Abendzeitung schrieb dazu:
Ähnlich sieht es ein festlandchinesischer Netzbürger „Geheimnis enthüllender Geist“, der seine Verärgerung angesichts Spannungen zwischen den zwei Gebieten äußert:
Vielen Internetnutzern ist die Propagandaschlacht zwischen Vertretern lokaler und nationaler Interessen sehr bewusst, und Kommentare im Internet werden – zumindest auf der in Hongkong frei zugänglichen, in Festlandchina jedoch gesperrten Nachrichtenseite Apple Daily – dementsprechend kritisch gesehen. So reagiert Netizen Ai Wang folgendermaßen auf einen Kommentar, der Hongkongs Erfolg in der Kommunistischen Partei begründet sieht.
Erziehung als vordergründiges Schlachtfeld
Diese Konfrontation wurde kürzlich durch einen Erlass des Bildungsministeriums von Hongkong verstärkt, welcher Lehrern ihre Schullizenz entzieht, die für die Unabhängigkeit der Stadt werben. Ein Komitee der Kwun Tong Government Secondary School veröffentlichte daraufhin folgendes Statement:
Die hat zur Folge, dass die Lehrer aus Furcht vor Konsequenzen aktuelle Themen im Unterricht gar nicht erst besprechen. Viele Hongkonger sind daher enttäuscht von der Schwäche der eigenen Regierung. Netizen „gordon mok“ stellt trocken fest:
Wirtschaftliche und symbolische Folgen der Wahl
Ob interne Machtkämpfe in Hongkong und Peking oder pro-unabhängige Anti-Regierungsproteste, eine wichtige, jedoch wenig diskutierte Frage lautet, welche wirtschaftlichen und symbolischen Folgen mit einer Eingliederung ins Festland bzw. Unabhängigkeit verbunden wären.
Netznutzerin Nancy Chiu drückt es folgendermaßen aus:
Noch treffender fasst es Weibo-Blogger „Seide waschender Mensch im Bach“ zusammen, denn er fragt sich:
* „wumao“ – wörtlich: 50 Cent, eine Person, die für kleines Geld Regierungspropaganda auf Internetseiten verbreitet. Mehr Informationen gibt es hier
Zum Weiterlesen:
Bertram Lang, Ausschreitungen in Hongkong: Kampf der Hashtags #FischballRevolution vs. #MongkokAufruhr, Stimmen aus China, 11. Februar 2016
Lisa Krauss, Proteste in Hongkong – Was ist aus der Demokratiebewegung geworden?, Stimmen aus China, 15. Februar 2015
Tagesschau.de, Demokratiebewegung in Hongkong: Anführer der Proteste schuldig gesprochen, 21. Juli 2016
Beitragsbild: FlickrCommons Urheberrechte, Ping Fang