Das Referendum über den EU-Austritt Großbritannien ist bald einen Monat her. Die Prognosen für den Einfluss, den der Brexit auf China haben könnte, fallen unterschiedlich aus. Chinas Netzbürger sehen in der Entscheidung jedoch hauptsächlich eine Bestätigung des eigenen politischen Systems.
Vor rund einem Monat haben sich die Bürger des Vereinigten Königreichs in einem knappen Referendum gegen den Verbleib in der Europäischen Union entschieden. Viele westliche Kommentatoren analysieren die Auswirkungen, die der Brexit英国脱欧 für China haben wird, als kurzfristig problematisch, da sie den Zugang Chinas zum europäischen Markt erschweren und die bereits geschwächte chinesische Wirtschaft weiter unter Druck setzen könnten. Langfristig bringe die europäische Desintegration jedoch gerade für China politische Vorteile. Sie stärke die Verhandlungsposition Chinas gegenüber europäischen Einzelstaaten weiter und schwäche die EU als Gegengewicht zum weiterwachsenden China.
Bei den Kommentaren chinesischer Netzbürger steht jedoch nicht der Einfluss, den die Entscheidung auf die Wirtschaft ihres Landes haben könnte im Mittelpunkt der Diskussion. Sie kommentieren die Entscheidung und die aus ihr voraussichtlich resultierenden Probleme mit Ideologiekritik: Das System Demokratie habe versagt, da das Volk die falsche Entscheidung getroffen habe.
Brexit und die chinesische Wirtschaft
Eine offizielle Stellungnahme des chinesischen Auswärtigen Amtes vom 22.7.2016 teilt mit, dass „[…] Brexit noch keinen größeren Einfluss auf die chinesischen grenzüberschreitenden Kapitalströme […]“英国脱欧未对中国跨境资金流动产生较大影响 habe. Trotzdem finden sich auf Weibo einige wenige Kommentare, die bestimmte wirtschaftspolitische Entwicklungen mit dem politischen Geschehen in Europa verknüpfen. So kommentiert Glücklich folgen und das Fremde bekämpfen:
Wenngleich diese Aussage auch inhaltlich nicht korrekt ist, zeigen die Spekulationen doch, dass einige Chinesen sich trotz allem bewusst sind, dass sich die Veränderungen des Klimas auf dem Weltmarkt auch auf die chinesische Wirtschaft auswirken.
Demokratiekritik
Vielmehr konzentriert sich die chinesische Interpretation des Referendums auf die Kritik an dem System, in dem durch einen Mehrheitsbeschluss eine offenbar falsche politische Entscheidung getroffen werden kann. Grüne Spur der Liebe zum Beispiel ist der festen Überzeugung, dass durch das Referendum die offensichtlichen Fehler des demokratischen Systems bloßgestellt werden und dass es in diesem System für die Politiker sehr einfach sei, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Viele Chinesen sehen also in dem Ausgang des Referendums eine Bestätigung des chinesischen Regierungssystems. Das Volk sei nicht in der Lage, wichtige Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Dies müsse man den geübten Händen der Politiker überlassen, sonst sei die Katastrophe vorprogrammiert. Rao Yan – Jessica macht sich sogar über das System und diejenigen, die für China Demokratie einfordern lustig.
Im Allgemeinen sehen die Chinesen, zumindest im Internet, also den politischen Kurs des Landes durch das Ergebnis der Volksabstimmung bestätigt. Es gibt aber auch Stimmen, die diese Position, wenn auch sehr verhalten, in Frage stellen. So schreibt Altertümliche Witwe in Leder kauft einen Kürbis in einem Kommentar zu einem demokratiekritischen Artikel auf der Internetseite des Magazins Neuer Wohlstand新财富杂志:
Zum Weiterlesen:
Michael Schumann, Who wins from Brexit? – China, Bloomberg View, 24.06.2016
Alvin Cheng-Hin Lim, How concerned should China be about the Brexit, Eurasia Review – A Journal of Analysis and News, 27.06.2016
Alicia García-Herrero and Jianwei Xu: Assessing China’s post-Brexit globalisation strategy, Bruegel blog post, 19.07.2016
Pingback: Sommer, Pandas und Europa: China Nachrichten 30.07.16