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Homosexualität und gesellschaftliche Verantwortung – die Geschichte von Li Yinhe

Li Yinhe mit ihrem transsexuellen Lebenspartner „Daxia” © Screenshot Florian Jung

Die bekannte Soziologin Li Yinhe gilt seit Jahren als wichtige Meinungsführerin in der Debatte um Homosexualität in China. Am 15. Dezember 2014 veröffentlichte der sich selbst als „Kommentator des Zeitgeschehens” bezeichnende Liu Changan einen Text, der Li Yinhe mutmaßlich als Lesbe outet, und stellt ihre moralische Integrität in Frage. Diese erwidert den Angriff auf ihre Privatsphäre mit einer umfassenden Erklärung. Die Vorwürfe werden im chinesischen Netz rege diskutiert.

 

Li Yinhe, die an der amerikanischen University of Pittsburgh in der Soziologie promovierte, erlangte in China aufgrund ihrer Liebesbeziehung zu dem berühmten Schriftsteller Wang Xiaobo einen großen Bekanntheitsgrad. Nach dessen Tod nutze sie diesen, um öffentlichkeitswirksam die chinesische Debattenkultur in ihren drei Forschungsgebieten Familie und Ehe, Gender und Sex mit zu prägen. Insbesondere trat sie vermehrt für die Rechte Homosexueller ein. Dabei betonte sie „deren Rechte zu erkämpfen, ohne selbst homosexuell zu sein.”

 

Nun wurde bekannt, dass sie seit fast zwei Jahrzehnten mit einem „Transmann“ zusammenlebt, was von ihren Gegnern als Untergrabung ihrer moralischen Integrität ausgelegt wird.

 

Missbrauch gesellschaftlicher Verantwortung

 

Für „dongtiandelvluo”, dessen Blog den Titel „Anti-Porno Freiwilliger扫黄义工” trägt, hat Li Yinhe ihrer Rolle als gesellschaftliche Expertin missbraucht und ihre Leser in die Irre geführt.

 

Das ist wirklich eine erschütternde Nachricht, da diese scheinheilige Li Yinhe (damit) in ihrer Rolle als Expertin viele Menschen verletzt hat!这真是惊天地的新闻,因为李银河一副伪君子的专家形象害了许多人

 

Auch „Tolerant, aber frei von Lust” schlägt in dieselbe Kerbe und macht aus seiner Verachtung für Homosexuelle keinen Hehl.

 

Das ist Privatsache, aber Liebe und Fortpflanzung sind eine natürliche Verpflichtung der Menschheit! Man darf Homosexualität nicht propagieren.这是个人的事,但是,恋爱生子有人类自然的责任,同性恋不可宣扬。

 

Entschlossener Kampf für Multikulturalität

 

Liu Xiaoxi 32931” nimmt Li Yinhe hingegen in Schutz und lobt ihren offensiven Umgang mit gesellschaftlichen Debatten.

 

Ich unterstütze Sie, Frau Li. Das passt echt gut zu Ihrem Stil, Sie nutzen nicht nur Worte, sondern beweisen viele Ihrer Thesen auch mit Aktionen. Eine multikulturelle Gesellschaft braucht Toleranz (…). Echter Liebe muss man einfach Glück wünschen!支持李老师,这颇符合您的风格,您不只用文字,也用行动向人们证明您的很多观点。多元社会应具包容性,存在就是合理的。真爱都值得祝福!

 

Drei zwei zwei 233” vermutet politische Ziele Liu Changans hinter seiner Enthüllungsschrift.

 

Li Yinhe meint, sie sei bösartigerweise als Homosexuelle verschrien worden. Diese Person hat ein Ziel. Wenn Li Yinhe nämlich eine Homosexuelle wäre, so wäre die Ehe mit Wang Xiaobo unecht gewesen. In diesem Fall wäre es Betrug, sie würde ihre damaligen Gefühle negieren und ihr Buch „Ich liebe dich, wie ich das Leben liebe” wäre ein Betrug an den Lesern. Li Yinhe ist keine Betrügerin, ihr Blogeintrag ist so offenherzig verfasst. Außerdem hat sie klar erklärt, dass sie heterosexuell ist und auch die Beschreibung ihrer Beziehung mit ihrem Partner ist vollkommen korrekt.李银河的意思是被人恶意说成同性恋,那个人是有目的的,因为如果李银河是同性恋那么她跟王小波在一起的时候就是形婚,这里面就意味着有欺骗,是对这段感情的否定,爱你就像爱生命这本书就成了对读者的欺骗。李银河不是骗子,这篇博文写的多坦荡,也解释了她一直是异性恋,对自己和伴侣角色定位相当正确

 

Die Debatte zeigt, welche Bedeutung den so genannten „öffentlichen Intellektuellen公知” in der Gesellschaft beigemessen und wie Homosexualität in einigen Schichten nach wie vor als etwas Unmoralisches und Gefährliches wahrgenommen wird. Zunehmend gibt es jedoch eine gewisse Offenheit gegenüber Homo-, Trans- und Bisexualität an der Menschen wie Li Yinhe einen nicht unerheblichen Anteil haben.

 

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

Verena Menzel: „Tongqi – Ehefrauen homosexueller Männer in China”, Stimmen aus China, 23.01.2012.

 

Oliver Pöttgen: „Chinesen bestaunen Conchita Wurst”, Stimmen aus China, 23.05.2014.

 

Yong Yang: „Wen darf ich lieben? – Gleichgeschlechtliche Ehe in China”, Stimmen aus China, 14.01.2014.

 

Fabian Reinbold: „Kampagne der Sittenwächter: Chinas neue Angst vor dem Sex”, Spiegel Online, 06.01.2015.

Kategorien: Gesellschaft, Tags: , , , . Permalink.

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