Warum konnte der chinesische Großkonzern Alibaba bei der Umbenennung seines Reiseanbieters von Alitrip zu „Fliegendem Schwein“ nicht an seine religiösen Kunden denken?, fragen sich Chinas Muslime im Netz und treten dadurch eine Debatte über Rücksichtname auf Minderheiten los.
Die Kontroverse begann mit einem aktiven Aufruf zum Boykott des neu benannten Reisedienstleisters von Adil Memmetur, einem bekannten muslimischen Geschäftsmann mit überdurchschnittlich vielen Followern auf Weibo.
Wenn alle Muslime die App löschen, sendet dies eine eindeutige Botschaft an Alibaba, so behauptet er. Schließlich sei das Schwein ein Tabu des Islam und man sollte sich davon fern halten.
Kommentare zeigen Wut und Unverständnis der Han
Adil Memmeturs Meinung teilen nicht viele. Die meisten Netizens sehen in seinem Aufruf einen Angriff auf die Han-chinesische Kultur, die ihrer Ansicht nach nicht auf die Empfindlichkeiten einzelner Gruppen achten muss.
So schreibt ein Universitätsmitarbeiter beim sozialen Netzwerk Weibo:
Auch Weibo-User “kleiner weißer Meister der Qi” findet Adils Forderung ein wenig übertrieben. Er schreibt zum Thema:
Darüber hinaus stammt der Firmenname von einem Muslim, nämlich „Ali Baba“, aus den Geschichten von „Tausend und Einer Nacht“. Netizen “Kaiser Yu des hohen Berges” betont deshalb:
Netizen „Tyrant T-223“ geht sogar noch einen Schritt weiter und gibt zu bedenken:
Das Schwein in der chinesischen Kultur
Der Beitrag von Tianya-Nutzer “ving0099” zeigt außerdem den hohen Stellenwert des Schweins in der chinesischen Kultur. Er erwähnt das berühmte Werk “Reise nach Westen” aus der Ming-Dynastie, in dem ein Halbwesen aus Schwein und Mensch eine zentrale Rolle einnimmt. Der Netizen stellt sarkastisch die Frage, ob nun auch dies vermieden werden müsse. Anscheinend sieht er durch die Diskussion fundamentale Elemente der chinesischen Kultur in Frage gestellt. Dazu gehören literarische Werke, ebenso wie traditionelle Gerichte mit Schweinefleisch. Er schreibt:
Angespannte Beziehungen zu muslimischen Minderheiten
Angesichts der hitzigen Debatte entschloss sich Adil Memmetur den Kommentar, der alles losgetreten hatte, von Weibo zu löschen. Auch Alibaba hat sich entschuldigt. Der neue Name solle vor allem ein jüngeres Publikum ansprechen und habe nicht mit mangelndem Respekt vor dem Islam zu tun.
Die Diskussion hat allerdings gezeigt, dass es noch ein langer Weg zum selbstverständlichen Zusammenleben von Han-Chinesen und der muslimischen Minderheiten ist.
Ähnlich wie in Europa muss ein Konsens darüber gefunden werden, inwieweit eine gesellschaftliche Mehrheit Rücksicht auf Randgruppen nimmt. In China sind 91.6 % der Bevölkerung Han-Chinesen, Uighuren nur 0.79 %. Prozentual gesehen ist das ein geringer Anteil an Chinas Gesamtbevölkerung, entspricht aber immerhin mehr als zehn Millionen Menschen, die sich nun eventuell einen anderen Reiseanbieter suchen werden, von dem sie sich als religiöse Minderheit eher respektiert fühlen.
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