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„Wenn ich Google-Chef wäre, hätte ich es genauso gemacht“

Google verlässt China. Schade, aber nicht überraschend. Die Suchmaschine hatte schon früher Probleme mit den Behörden und wurde unter fadenscheinigen Vorwürfen gesperrt. Aber wer das Volk dumm halten will, ist selbst der Dumme – findet der Blogger Ye Chi. Eine Blogübersetzung von Volker Stanislaw.

Heute früh habe ich im Radio gehört, dass Google sich aus China zurückziehen will. Daraufhin dachte ich: nicht überraschend, aber trotzdem schade. Vor etwa acht Jahren, hat mir ein Freund eine Suchmaschine namens Google gezeigt. Damals konnte ich noch nicht so gut mit dem Internet umgehen und kümmerte mich nicht weiter darum. […] Später habe ich gelernt, das Internet und Google richtig zu nutzen, seit dem habe ich Zugang zu unbegrenztem Wissen und Informationen. […] Inzwischen arbeite ich als Übersetzer. […] Googles Übersetzungsfunktionen sind mir eine große Hilfe. Stoße ich auf ein Fremdwort, benutze ich Google: gesucht, gefunden.[…] Als ich gehört habe, dass Google sich aus China zurückziehen wird, habe ich mir Sorgen gemacht, dass das meine Arbeit beeinflusst. In den letzten Jahren habe ich mich sehr für Googles Entwicklung in China interessiert. Die Behörden finden im Fall Google immer wieder Kritikpunkte. Vor acht Jahren wurde Google schon einmal gesperrt. Obwohl die Sperrung später wieder aufgehoben wurde, wurden immer wieder neue Kritikpunkte erfunden. Letztes Jahr behaupteten die Behörden, dass Google pornografische Materialien verbreite. CCTV nutzte Interviews eigener Praktikanten als Beweis dafür, dass Google pornografische Inhalte verbreite und die Menschen verderbe. Kluge Köpfe können sofort erkennen, dass dies ein Vorwand ist. Auch auf chinesischen Portalwebseiten gibt es pornografische Inhalte. […] Wenn man Vorwürfe erhebt, dass Google Pornos verbreitet, dann gilt das auch für andere Suchmaschinen in China und wenn man pornografische Inhalte anschaut, ist der Internetuser schuld, nicht die Suchmaschine. […]

Erst vor kurzem habe ich mir noch gedacht, das ich mich als Google-Chefaus China zurückziehen würde. Und jetzt ist genau das passiert!

Diese Vorwürfe lassen mich über Chinas Schuldzuweisung gegen Google nachdenken. Wenn, dann kann man Google vorwerfen, zu viele Informationen anzubieten. Man kann (bei Google Anm. d. Übersetzer) alles finden, was die Behörden nicht mögen. […] Informationen über Englischlernen, Kunst und Religion habe ich immer genutzt, jetzt kann ich nicht mehr darauf zugreifen. In unserem Land herrscht großer Informationshunger. gibt es viele engagierte Leute, die auf die Entwicklung Chinas und Kulturfortschritte hoffen und aktuelle Nachrichten abrufen wollen.Die Behörden hingegen versuchen Informationen aus dem Ausland, welche Harmonie und Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden könnten, mit aller Macht zu blockieren. […]. Gewisse Personen meinen, es wäre für ihre Machtposition am besten, wenn das Volk unwissend bliebe und nicht selbstständig nachdenken würde. Aber Gunsten der Harmonie Informationenquellen zu verringern ist nicht patriotisch, sondern eine Gefahr für die Nation.

Auf Konfuzius, Menzius und ihre Philosophie sind wir bis heute noch stolz. Diese Denkerwaren ein Produkt der damaligen Umwelt, der freien Umgebung für alle Geistesströmungen. Seit der Han-Dynastie, ist nur noch eine Meinung erlaubt, dementsprechend gibt es seit dem keine großen chinesischen Denker mehr. Vom 5. Jahrhundert, bis in das 15. Jahrhundert herrschte in Europa das sogenannte „dark Age“ (Frühes Mittelalter; Anm. d. Übersetzer). Warum „dark“? Weil es in dieser Zeitspanne keine großen Denker gab. Im Bezug auf unsere Nation, kann man feststellen, dass es in den letzten 60 Jahren kaum große Denker, Schriftsteller, Künstler oder Pädagogen gab. […] Wenn das Volk von der Entwicklung der Weltkultur nicht erfahren darf und kein freies Denken möglich ist, leidet die ganze Nation[…]. Zwar boomt in China zur Zeit die Wirtschaft- Aber wie lange diese Lage noch anhält, istunsicher. Denn Materie ist temporär, nur der Geist ist unsterblich. Die Gebäude aus der Zeit des Konfuzius sind nicht mehr zu sehen, aber die Weisheit von damals ist bis heute immer noch lebendig. Ich befürchte, dass Historiker unsere Zeit als „dark age“ bezeichnen werden, da es keinerlei Errungenschaften in den Geisteswissenschaften gibt. […]

Die Welt befindet sich im Internetzeitalter und Google ist eine der wichtigsten Informationsplattformen der Welt und ist für die Entwicklung und den Fortschritt der chinesischen Kultur absolut von Vorteil. Google aus China auszuschließen, ist eine dumme Maßnahme der Behörden. Wenn man das Volk dumm machen will, dann ist man selbst dumm.

aus: http://blog.51.ca/u-39748/2010/01/16/中国为什么要逼走谷歌/

 

Kategorien: Gesellschaft. Permalink.

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