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Die Olympischen Träume Pekinger Vermieter

Die Immobilienmaklerin Mier (28) schreibt über die Unruhen auf dem Pekinger Wohnungsmarkt im Vorfeld der Olympiade:

Richtig, die Nachrichten verbreiten das bald unzählige ausländische Touristen nach China kommen und wegen der Berühmtheit der Olympiade in Peking Sight-Seeing machen werden. Den Berichten zufolge werden es einige vorziehen nicht in Hotels zu wohnen oder anders gesagt, es können in den Pekinger Hotels nicht so viele Ausländer auf einmal zu dieser Zeit unterkommen. Deshalb werden viele von ihnen kurzfristig in privaten Häusern wohnen. Der Mietzeitraum wird einen halben bis einen Monat betragen.
Diese Nachricht hat die Pekinger sehr inspiriert. Davor haben alle immer geglaubt Wohnungspreis und Aktienmarkt seien gleich und könnten durch den Olympischen Effekt, der großen Enthusiasmus hervorrufen kann, kurz vor der Eröffnung der Olympischen Spiele wie ein Helikopter nach oben steigen.

Natürlich wurde dieser Glaube bereits durch die gnadenlosen Tatsachen zerstört. Bei vielen im letzten Jahr gekauften Wohnungen haben die Menschen gedacht: Dem Himmel sei dank wird der Wohnungspreis nicht so wie die Aktienpreise fallen. Ein anderer Teil der Leute glaubte hingegen, dass außer den Wohnungspreisen auch die Mietpreise in den Monaten Juli, August und September wie eine Rakete steigen werden, weil dann die Ausländer in Schwärmen kommen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Nachfrage größer sein als das Angebot. Der Markt wird das mit unsichtbarer Hand regulieren. Wie kann die Miete da nicht steigen? Leute, die so denken, sind in allen Vierteln von Peking verteilt. Es scheint als ob in jeder Straße in Peking vor den Grundstücken Schilder, wie die der IBC und MPC Olympischen Dörfer stehen. Egal ob im Chaoyang, Haidian oder Chongwen Distrikt, überall glauben die Vermieter, dass es bei Tausenden von Ausländern immer auch einige geben wird, die zu ihnen nach Hause kommen und für einen hohen Preis ein Bett mieten.
Solche Gedanken haben zwei Arten von Leuten in meinem Umfeld beeinflusst. Darunter ist einer, der letzten Sommer eine zwei Zimmer Wohnung im Umkreis von 1 km des neuen CCTV Fernsehgebäudes gekauft hat. Die Wohnung ist 6, 7 Jahre alt. Weil die Immobilie teuer war hat mein Freund sie als Appartement bezeichnet. Wenn man auf dem Balkon steht sieht man zwar das Vogelnest nicht, aber das außergewöhnlich konstruierte Fernsehgebäude sieht man sehr deutlich. Dieser Freund hat seit letztem Jahr versucht das Appartement über Immobilienmakler zu vermieten. Ursprünglich forderte er, dass der Mietvertrag nur für ein Jahr abgeschlossen wird, bis zu diesem Jahr im Juli. „Ich warte bis August und vermiete es dann an einen Ausländer, der die Olympiade anschaut. Eine Monatsmiete 30.000 Yuan, in einem Monat bekomme ich dann soviel wie in einem Jahr.“ Im Winter änderte er seine Forderung zu einem halben Jahr Mietzeit und wartete immer noch darauf die Wohnung zur Olympiade zu vermieten. Er wartete bis Frühjahr, dann atmete er durch und sagte: „Miete solange du willst. Ob man auf den einen Monat zählen kann, kann man nicht sagen, dass das Appartement die Monate davor leer stehen wird, ist sehr wahrscheinlich.“ Bis zur Olympiade sind es nur noch gut 20 Tage. Es wird gesagt, dass die Flut ausländischer Touristen noch nicht aufgetaucht ist, mein Freund aber hat betrübt bei Ikea einige Möbel gekauft und ist selber eingezogen. Er sagte, bevor es leer steht stellt er sich lieber selbst ein Bett rein und kommt tagsüber zu einem Mittagsschlaf.
Die andere Art von Leuten sind diejenigen, die in Peking keine Wohnung besitzen. Ein Freund wohnt in Datun, schon immer. Die Fortschritte vom Bau des Vogelnests konnten wir von seinem Balkon direkt verfolgen. Aber Ende letzten Jahres, als der Mietvertrag auslief, sagte sein Vermieter ohne Erklärung, dass er ausziehen müsse. Er sagte, dass 2008 das Olympia Jahr sei und er wolle das Zimmer verändern und einige Doppelstockbetten kaufen, so könne er es an mehr Leute vermieten, diese Wohnung habe eine unschlagbare Sicht zum Vogelnest, im Prinzip müsse man nur ein Fernglas kaufen, schon könne man direkt die Eröffnungszeremonie sehen, ein Ticket für die Eröffnungszeremonie koste 50.000 Yuan, für 50.000 vermiete er ein Bett einen Monat. Rechne mal.
Mein Freund zog im Winter aus dem Hochhaus aus. Ein plötzlicher Wechsel im Gefühl zwischen den Menschen. Ärgerlich ging er nach Tianjin. Bis heute hat er noch keine Pläne nach Peking zurückzukehren. Er sagt, er warte ab, wie die Situation nach der Olympiade sei.
Ich habe noch eine Freundin, die in der Nähe des Tiananmen-Platzes lebt. Die Beziehung zwischen ihr und ihrem Vermieter war immer sehr gut. Obwohl sie ihren Arbeitsplatz zum Asian Games Village, Haining gewechselt hat, fährt sie jeden Tag mit Bus und U-Bahn. Sie wohnt schon seit vier Jahren in dem Zimmer. Allerdings hat sie mir gestern Abend mitgeteilt, dass ihr Vermieter letztlich sein böses Wesen gezeigt hat und eine Miterhöhung fordert, eine Erhöhung um 1000 Yuan. Der Grund liegt nicht bei ihm, sondern bei den nahenden Olympischen Spielen. Bekümmert und besorgt sagte meine Freundin zu mir: „Wenn ich nachgebe finde ich mich nicht damit ab zuviel zu bezahlen. Wenn ich nicht nachgebe habe ich keine Waffen um dem Vermieter und der Mieterhöhung durch die Olympiade Wiederstand zu leisten.“ In diesem Moment, da die Angst auf ihr lastete und sie gerade Überstunden machte, rief sie plötzlich laut: „Ah, beim Vogelnest ist ein Probefeuerwerk, schau her, schau her!!“

Quelle: http://mai619.bokee.com/viewdiary.190882005.html
Zugriff am 10.8.2008
Ãœbersetzt von Isabelle Harbrecht

Kategorien: Archiv bis 2009. Permalink.

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