Die chinesische Regierung übt immer stärkeren ideologischen Druck auf Universitäten und Schulen aus. Wie Chinas Netizens berichten, stößt diese lange überholt geglaubte Politik auf wenig Zustimmung.
Die Übergriffe auf das Bildungswesen sind vielfältig. Die Partei legt Tabuthemen für den universitären Betrieb fest, verstärkt das marxistische Kursangebot und zwingt Lehrpersonal zum Parteibeitritt. Legitimationsgrundlage hierfür ist die seit Monaten andauernde Parteikampagne zur Verstärkung der Loyalität in wichtigen Teilen des öffentlichen Lebens. Dieser Prozess verlief schleichend und hat mittlerweile auch Universitäten und Schulen erreicht, die den Zwang zu mehr ideologischer Treue gegenüber der Partei zu spüren bekommen.
Angeordnete Loyalität
In den sozialen Netzwerken teilen Studenten und Angestellte ihre Erfahrungen und Sorgen angesichts dieser rückwärtsgewandten Entwicklung. Englischlehrerin „Yehuoding“ schreibt beispielsweise:
Es darf nicht über alles geredet werden
Aus einem Kanon von sieben Tabu-Themen (七不讲) hebt die Universität Hongkong besonders die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die historischen Fehler der KPCh hervor. Ein Wirtschaftsprofessor aus Peking mahnt angesichts dieser Entwicklung:
Aus Erfahrung spricht auch der chinesische Professor für Verfassungsrecht Zhang Xuezhong, der sich für die Verbannung der Marxismus-Kurse aus den Universitäten stark machte und 2013 entlassen wurde:
Universitätsmitarbeiter wie Vertrauenslehrer und Tutoren müssen seit neuestem das Parteibuch der KPCh besitzen und Studenten rekrutieren. Weibo-Nutzerin YK2017KY erzählt von ihren eigenen Erlebnissen:
Ausländische Gedanken = schlechter Einfluss?
Als weitere Maßnahme strebt die Regierung an, Lehrbücher mit westlicher Ideologie aus den Klassenzimmern zu verbannen. Dies betrifft insbesondere solche Bücher, die die KPCh oder den Sozialismus angreifen oder diffamieren. Netizen 5290913068, der offensichtlich als Lehrer arbeitet, äußert sich dazu folgendermaßen:
Tabuthemen, Bücherverbannung und Parteimitgliedschaft: China scheint die Zukunft seines Staats- und Bildungssystems rigoros kontrollieren zu wollen. Aus offiziellen Kanälen hört man hingegen selten, wie dies mit den zwangsläufig von mehr Weltoffenheit geprägten Erfahrungen unzähliger chinesischer Auslandsstudenten zusammenpasst, unter denen sich viele Kinder hochrangiger Politiker befinden wie z.B. die Tochter von Xi Jinping. Dazu kommentiert User „Ying Jianggang“:
Zum Weiterlesen:
Petra Kolonko, Die Gleichschaltung des Denkens, 11. Januar 2015, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Hannah Beech, China’s College Counselors told to join the Party, 19. November 2015, Time Magazine
Raymond Li, Seven subjects off limits for teaching, Chinese universities told, 10. Mai 2013, South China Morning Post