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Magerwahn in China: Dünn, dünner, A4-Taille

#A4-Waist-Challenge: Schön oder nicht schön? Quelle: Screenshot von Weibo 12.04.2016.

Der Schlankheitswahn im chinesichen Netz hat eine neue Dimension erreicht: Sogenannte “Challenges” setzen Frauen zunehmend unter Druck.

 

Echt, die A4 Challenge vor ein paar Tagen schaffe ich nicht und jetzt die Iphone 6 Knie-Challenge auch nicht. Ich denke, ich habe wirklich keine gute Figur.当初的,前几天的#A4腰#我做不到,现在又到了#i6腿易受伤#我也没轮到!我这身材真的躲过一切好身材了

 

So beschreibt Mikrobloggerin „Birne Libelle“, wie sie  sich von dem Trend unter Druck gesetzt fühlt, der wochenlang die Gespräche in Chinas sozialen Netzwerken dominierte. Die Staatliche Zeitung People’s Daily berichtet von über 40.000 Netizens, die bereits an der A4-Waist-Challenge oder ähnlichen  Aktionen  teilgenommen haben.

 

 

Bei der A4-Taillen-Herausforderung posten meist Frauen Selfies mit einem A4-Papier vor dem Bauch auf Social Media-Plattformen. Ziel ist es, die Körpermitte der Breite nach vollständig zu bedecken –  das sind insgesamt nur 21 Zentimeter. Ganz ähnlich gestalten sich die 100-Yuan-Handgelenk- und die Iphone-6-Knie-Challenge. Das alles soll Beweis für Fitness und einen schönen Körperbau sein.

 

 

Die schmale Taille als Schönheitsideal

 

Viele Netizens freuen sich über die Gelegenheit mit ihren schlanken Körpern angeben zu können. Unter den Hashtags #Ich habe eine A4 Taille #我有A4 腰# und #A4 Taillen-Göttin#A4腰女神# werden vermeintlich wohl geformte Körpermitten stolz zur Schau gestellt. Netizen  „Göttliche Lisa liebt das Leben“ beispielsweise berichtet:

 

 

#A4 Taille# hat eigentlich nichts mit gestern Abend zu tun. Um sieben Uhr habe ich Sichuan Cuisine gegessen und um 11 Uhr bei McDonalds weitergegessen. Trotzdem sagte eine Freundin meiner Schwester zu mir: „Du hast wirklich eine schmale Taille!“#A4腰# 一点也不像昨晚7点吃完川菜11点吃麦当劳的girl我姐朋友说:你(…) 这腰 是真细

 

 

 

Viele junge Menschen setzen sich jedoch enorm unter  Druck, schlank zu bleiben. Familie, Verwandte und Bekannte haben oft keinerlei Hemmungen das Thema Gewichtsverlust anzusprechen. Sie verstärken dadurch häufig Minderwertigkeitskomplexe so wie bei Weibo-Userin „Junge Zhang Xiaofan“:

 

Heute sowohl beim Fotos schießen als auch beim Anschauen, wurde ich von der ganzen Familie kritisiert. (…) Hört auf, mich als fett zu bezeichnen. Ich wurde heute schon genug verhöhnt(…) 都拍了n张照了 (...)又要受家人批评了(...) 大家不许再说我胖!今天已经受打击一天了

 

a4 waist pic

Netizen „Junge Zhang Xiaofan“ wird von ihrer Familie wegen ihres Gewichts kritisiert. Quelle: Weibo-Screenshot, 28.04.2016.

 

Medien und Mode haben weiterhin dazu beigetragen, das Körperbild von jungen Frauen zu verzerren. Eine Studie fand vor kurzem, dass ein Großteil der abnehmbereiten Jugendlichen normal- oder untergewichtig waren. Ihre Körperwahrnehmung stand in keinerlei Zusammenhang mehr mit der Realität.

 

Die A4- und ähnliche Challenges standen deswegen in der Kritik. Experten befürchten, dass sie den Druck weiter erhöhen und damit einen Nährboden für Magersucht und Bulimie bilden. Schließlich vermitteln solche Trends den Eindruck, Schönheit lasse sich an Schlankheit messen und folge nur einem bestimmten Standard. Auch die bekannte Feministin Zheng Churan ist dieser Meinung. Sie schreibt auf Weibo:

 

Körper sollten nicht angestarrt werden. Ich liebe meine Taille (…), egal wie sie aussieht, liebe ich sie immer. Aber ich hoffe, dass wir eine Vielfalt der Stimmen ermutigen können, die einen einzigen ästhetischen Standard ersetzen.身体不需要被凝视,我爱我的腰(...) 不过我也希望有更多拥抱多元的声音出现取代单一的审美标准

 

 

a4waist challenge kritik

Die Feministin Zheng Churan kritisiert den Trend. Quelle: Screenshot von Weibo 12.04.2016.

 

 

Zum Weiterlesen

 

 

Didi Kirsten Tatlow: “On Social Media in China, Size Zero doesn’t make the cut”, New York Times Sinosphere Blog, 18.3.16.

 

Bianca Xenia Mayer: „Eine Taille so schmal wie ein A4 Blatt“, Bento, 20.3.2016.

 

Kategorien: Gesellschaft, Kultur, Tags: , , , , , , . Permalink.

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