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Zwischen Bangen und Bewunderung: Chinas Netizens über Flüchtlinge in Deutschland

Chinas Medien berichten über deutsche Hilfsbereitschaft, erwarten aber gleichzeitig zukünftig Schwierigkeiten @ Screenshot bei sina.com, 25.09.2015.

In chinesischen Medien und sozialen Netzwerken ist die Flüchtlingskrise in Europa ein großes Thema. Obwohl sich viele Netzbürger fragen, ob die Flüchtlinge Deutschland nicht letztendlich schaden werden, stimmen sie überein: Deutschland ist das große Vorbild – ganz im Gegensatz zu den USA.

 

Chinas Social-Media-Nutzer sind sich einig: der Westen hat die derzeitige Flüchtlingskrise verursacht. Warum sie das denken, erklärt Weibo-Mitglied „Kleiner LeeLee Sohn“:

 

Unter der Führung der USA ist die westliche Welt darum bemüht, ihre so genannte Demokratie und ihre (kapitalistische) Mehrwert-Gesellschaft voranzutreiben. Vor ein paar Jahren noch haben sie Loblieder auf den arabischen Frühling gesungen und was ist daraus geworden? Chaos, Irak, die Terrorgruppe IS und (der Bürgerkrieg) in Syrien. Damals unterstützte die NATO Rebellen gegen die Regierung. Das führte dazu, dass den heutigen Flüchtlingen ein sicherer Ort zum Leben verwehrt bleibt. Der Kapitalismus ist ein einziges Übel!(…) 以美国为首的西方世界一直在力图推行他们所谓的民主制度,一直在鼓吹他们的剩余价值,前几年还在歌功颂德的阿拉伯之春,还剩下些什么?Chaos , Iraq, ISIS, Syria,当年北约鼓吹当地反政府武装的时候,现在连给难民一个安全的居住环境都不允许,万恶的资本主义!

 

Lob für Deutschland

 

Da klar ist, wer für die Flüchtlingswelle verantwortlich ist, steht für die Weibo-Nutzer auch fest, wer die Krise bewältigen muss: die westliche Welt unter der Führung der USA. Sie sind deshalb enttäuscht, wie sich Amerika bisher zurückhält. Dass die USA vergleichsweise wenige Flüchtlinge aufnehmen, registrieren die Netzbürger ebenso wie den großen Andrang in Deutschland.

 

Die Flüchtlingswelle hat Amerika eigenhändig kreiert, (deshalb) sollten die Flüchtlinge nach Amerika. Aber natürlich ist Deutschlands (Verhalten) ehrenhaft! 难民潮是美国一手造成,都应去美国,当然德国风格很高!

 

Kommentiert „qian hengli zhen“ einen Nachrichtenartikel.

 

Diesem Urteil schließt sich auch Weibo-User „InceptionGreen“ an:

 

Die Flüchtlingskrise macht deutlich, dass Deutschland ein Vorbild an Moral und Demokratie für die Menschheit und Amerika heuchlerisch und angeberisch ist. 这次难民危机都让全世界…看清,德国才是人类民主和道德的典范,美国太虚伪太装B。

 

Netzbürger „5214425730“ lobt außerdem:

 

Deutschland ist ein tolles Land. Merkel ist eine herausragende Politikerin. Angesichts der Flüchtlingskrise sollte der Humanismus an erster Stelle stehen.德国是一个了不起的国家…,默克尔是优秀的政治家。在难民问题上首先应该表现出的是人道主义。

 

Und „Gitarre ohne Lied“ schreibt ganz begeistert:

 

Deutschland ist nicht nur moralische Führungsfigur in Europa, sondern in der ganzen Welt. Das zeigt diese Flüchtlingskrise ganz deutlich.德国不仅是欧洲的道德领袖,也是全世界的道德领袖,从这次的难民危机我们可以看出这点。

 

Das ist keine Überraschung für Weibo-Nutzer„Automensch Tian Xi“. Er weiß auch, warum Deutschland solch eine Führungsfigur ist:

 

Deutschland ist die Heimat von Marx und Engels…(…) 这个国家是马克思恩格斯的故乡…

 

Einige finden außerdem, dass die Flüchtlinge durchaus Vorteile für Deutschland bringen können. Manch einer, wie „Kleines Nest cgww“ sieht in der Flüchtlingskrise eine Chance für Deutschland:

 

Dass die deutsche Kanzlerin Flüchtlinge aufnehmen will, zeigt nicht nur dass sie Mitgefühl, sondern auch  Köpfchen hat. So will sie nämlich die deutsche Wirtschaft ankurbeln!德国总理接纳难民,不只有同情心,其实她有脑子的,意在快速发展德国经济!

 

Skepsis und Sorge

 

Doch angesichts der zahlreichen Flüchtlinge fragen sich Chinas Netizens dennoch, wie Deutschland das alles bewerkstelligen will. Viele sehen die Flüchtlinge nicht als wirtschaftlichen Vorteil, sondern als Belastung. „Meisterin der Han-Dynastie“, bemitleidet das Land deshalb:

 

Oh weh, armes Deutschland…可怜的德国,哎。。。

 

Unter den Netzbürgern machen sich außerdem Zweifel breit, ob der Flüchtlingsstrom nach Deutschland nicht letztendlich Gefahren mit sich bringt. „Wenn Europa diese Flüchtlinge kulturell nicht assimilieren kann, wird es zu einem großen Desaster kommen欧洲如果不能用文化同化这批难民,就真的有大灾难了“ prophezeit Zeitungsleser „Tiefgreifende Liebe“.

 

Welche Katastrophe die Netizens erwarten, erläutert „andy zeng778“ bei Weibo:

 

Chinas derzeitige Einstellung ist, keinen einzigen Flüchtling aufzunehmen. In den westlichen Ländern wünscht man sich, dass die Regierungen genauso standhaft bleiben wie wir hier in China. Wir müssen uns schon genug Sorgen machen, ob unter den muslimischen Uiguren Terroristen sind. Zusätzlich noch Flüchtlinge aufzunehmen, wäre zu gefährlich.(…) 中国现在的态度就是:(… )难民我一个都不要。这种做法很对的西方好多人都希望他们的政府能够像中国这样果断。(…) 我们国家维族穆斯林里面有多少恐怖分子已经够操心了再接收这些难民太危险

 

Auch „hr Long Shida“ schließt sich dieser Ansicht an:

 

Ganz bestimmt sind (unter Deutschlands Flüchtlingen) Terroristen. Es wird sehr bald zu Problemen kommen. 肯定有大把恐龙分子(sic)在里面,很快就会出大问题

 

Probleme befürchten allerdings nicht nur die Netizens. Chinas Wissenschaftler schalten sich ebenfalls in die Diskussion mit ein. Sie sehen vor allem die strukturellen Schwächen der EU. Der Geisteswissenschaftler „Kong Tianping“, der sich auf Mittel- und Osteuropa spezialisiert hat, zieht in einem Artikel für die Nachrichtenseite Xinhuanet dieses kritische Fazit:

 

Die EU hat gemeinsame Grenzen, aber keine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Das ist eine Schwachstelle dieser Institution. Die derzeitige Flüchtlingskrise macht deutlich, wie dringend die EU ihre Mängel beheben muss. Bevor (aber) eine gemeinsame Flüchtlingspolitik erarbeitet wird, ist es wahrscheinlich, dass insbesondere angesichts dieser Flüchtlingskrise die Geschlossenheit der EU-Mitgliedsstaaten weiter bröckeln wird.(…) 欧盟有共同的边界,但没有共同的移民政策,这是欧盟的制度缺陷。目前的难民危机凸显了解决欧盟制度性缺陷的紧迫性。可以预期,在形成共同的移民政策之前,特别是在面对难民危机冲击的背景下,欧盟成员国之间的团结仍很脆弱。

 

Von China aus blickt man zwiegespalten nach Europa: Einerseits bewundern Netizens, dass Deutschland versuchen will, möglichst viele Flüchtlinge aufzunehmen, andererseits sehen sie eine Menge Probleme auf das Land zukommen.

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

Netizens über Chinas Syrien-Politik: SAC-Schlagwortarchiv.

 

Manya Koetse: “Chinese Views on Europe’s Migrant Crisis: “The Road to Ruin””, What’s on Weibo, 08.09.2015.

 

„China matters: Ein Informationsportal für die Zivilgesellschaft“, mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen

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